2023, hau bloss ab du!

Nur noch ein paar Stunden, dann ist es vorbei. Das alte Jahr wird mit Schimpf und Schande vom Hof gejagt, es hat die Erwartungen nicht erfüllt. Gekündigt wegen Unfähigkeit wird es mit einem schlechten Zeugnis in die Historie entlassen. Zu Beginn hat es sich ja noch pudelwohl gefühlt, aber dann rapide in der Leistung nachgelassen. Sämtliche Versprechungen entpuppten sich als heiße Luft. Nee, sowas braucht kein Mensch! 2023, hau bloss ab du!

Draussen vor dem Tor steht das neue Jahr, krempelt sich die Ärmel hoch und ist voller Motivation und guten Mutes.

Noch.

Denn seien wir mal ehrlich: was soll sich schon groß ändern? Werden Krieg führende Machthaber plötzlich friedlich, nur weil ein neues Jahr ansteht? Wird es wie von Zauberhand genug Fachkräfte für den gebeutelten Arbeitsmarkt geben? Kommt der Klimawandel zum Stillstand, weil die Menschen weltweit heute Nacht erleuchtet werden und aufhören Wälder zu roden, Meere leer zu fischen oder der Erde anderweitig sämtliche Ressourcen zu entziehen?

Nur weil wir in ein paar Stunden eine neue Jahreszahl schreiben?

Leute, woher nehmt ihr diese Hoffnung? Haben uns die letzten Jahrzehnte nicht gezeigt, dass sich eben gar nichts ändert. Nix! Nada! Niente!

Vielleicht ändert sich schon deshalb nichts, weil wir, selbst angesichts der beunruhigenden Tendenzen, nicht bereit sind uns zu ändern. Wir bestehen nach wie vor auf unseren Status Quo, unfähig die Konsequenzen unsers Handelns einzuschätzen. Vielleicht sind uns die Konsequenzen auch scheißegal. Schliesslich lebt man nur einmal! Nach mir die Sintflut, so scheint die Devise.

Jene, die auf notwendige Änderungen hinweisen und sie sogar vorleben, werden als Spinner und Verbieter verlacht. Jene, die sich für mehr Mitgefühl den Schwachen und Bedürftigen gegenüber einsetzen, jene, die oft genug ihr eigenes Leben riskieren, um zu helfen, werden mit Böllern beschossen.

 Ja, klar. Natürlich nicht du, lieber Leser. Du machst sowas nicht. Du bist, wie sehr viele andere, einer von den Guten. Zum Glück, denn genau du und die anderen werden jetzt dringend gebraucht.

Ohne dich und deinen Einsatz wird das neue Jahr nämlich genauso schwierig, beängstigend und leidvoll wie das vergangene. 

John F. Kennedy hat einmal, in einem etwas anderen Zusammenhang gesagt: „Frage nicht, was dein Land für dich tut. Frage, was du für dein Land tun kannst.“

Da hatte er schon recht, der alte Mafia-Spezl. Jedes Land, jede Regierung, jedes Jahr kann nichts bewegen, wenn es nicht Leute gibt, die sich für die Allgemeinheit einsetzen. Leute, die neben ihrer Arbeit, Familie usw. noch die Kraft haben, Dinge zum Guten zu wenden.

Diese Leute sind seit Anbeginn der Menschheit dafür verantwortlich, dass wir nicht mehr sofort Keulen schwingend anderen Gruppen auf den Kopf hauen und ihre Höhle besetzen, sondern erst mal versuchen im Gespräch Konflikte zu lösen. 

Dennoch gibt es in jeder Epoche genug Primaten, die ebendieses tun. Diesen Leuten entgegenzutreten, ihnen nicht mehr zu folgen wird auch im kommenden Jahr eine unserer Aufgaben sein. Anstatt also zu erstarren wie das Kaninchen vor der Schlange, wenn die Nazipartei bei Umfragen auf 30% kommt, sollten wir sagen: „Ja, aber 70% wollen diese Leute nicht!“, und mit Sachlichkeit den rechtsextremen Ansinnen entgegentreten.

Dazu braucht es keine Revolution oder einen „Generalstreik“. Dazu braucht es vor allem Anstand.

Wir können unseren Alltag überdenken und schauen, wo wir selbst etwas beitragen können, die Welt etwas liebenswerter zu machen. Jeder noch so kleine Beitrag zählt.

Denn es sind nicht „die da oben“, die wirkliche Veränderungen herbeiführen. Dazu müssten sie parteienübergreifend zusammenarbeiten. 

Egal welche demokratisch ausgerichtete Regierung gerade regiert, keine schafft es ohne die Leute in der Bevölkerung. 

Wenn wir nun also in wenigen Stunden das neue Jahr begrüßen, setzt eure Hoffnung auf eure eigene Kraft und Leistungsfähigkeit und versucht, der Gemeinschaft wenigstens ein kleines bisschen zu dienen. Eure Kinder und Enkelkinder freuen sich sicher darüber.

Lassen wir also 2024 mit vereinter Kraft gut werden und seien wir gnädig mit jenen, die unpopuläre Entscheidungen treffen müssen.

Eure Schreibtante

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